Über die Pädagogische Forschungsstelle
Die Pädagogische Forschungsstelle ist ein eigenständiger Verein im Gesamtzusammenhang des Bundes der Freien Waldorfschulen. Mitglieder sind die Mitglieder des Bundes selber.
- Durchführung und Förderung von Forschung auf folgenden Gebieten:
- Evaluation und Weiterentwicklung der Waldorfpädagogik
- Arbeiten zu einzelnen Fachgebieten und Unterrichtsinhalten
- Untersuchungen zu sozialwissenschaftlichen Fragen
- Herausgabe von Schriften, Unterrichtsmaterialien und Lehrmitteln
- Durchführung von Fachtagungen, Fortbildungen und Kolloquien zu aktuellen pädagogischen und wissenschaftlichen Fragestellungen.
Die Forschungsstelle vergibt Forschungsaufträge an Dozenten:innen der Waldorflehrer:innen-Ausbildungsstätten (heute in der Regel Hochschulen), an Waldorflehrer:innen und an andere Forscher:innen. Oft wird sie von Dozenten:innen der Waldorflehrer:innen-Ausbildungsstätten bzw. von Lehrern:innen an Waldorfschulen angefragt Forschungsprojekte oder Publikationsvorhaben zu fördern. Häufig wird die Forschungsstelle auch erst zu Rate gezogen, wenn Arbeitsergebnisse zu publizieren sind. Antragsteller:innen beachten bitte die Seite Projektantrag.
Gefördert werden vor allem Forschungsprojekte, die unmittelbar die Waldorfschulen und ihre Lehrer:innen unterstützen. Pro Jahr werden bei der Forschungsstelle etwa 50 Projekte bearbeitet, von denen die Hälfte in Buchpublikationen münden.
Über die Förderung von Forschungs- und/oder Publikationsvorhaben entscheidet der Vorstand gemeinsam mit dem Beirat der Forschungsstelle.
In der Geschäftsstelle in Stuttgart arbeitet der Geschäftsführer mit seinen Mitarbeiter:innen. Projektanfragen werden bearbeitet und für die Beratung mit Vorstand und Beirat vorbereitet, laufende Projekte werden betreut, Buchauflagen erstellt und der Verkauf organisiert. Neben weiteren Verwaltungstätigkeiten beraten wir auch Waldorflehrer:innen, Eltern und Interessierte.
Am Standort Kassel, der dem Waldorflehrerseminar angeschlossen ist, werden Forschung und Lehre verbunden. Es werden dort im Schwerpunkt naturwissenschaftliche Themen behandelt.
Zum Netzwerk der Forschungsstelle gehören das Lehrerseminar für Waldorfpädagogik in Kassel, die Freie Hochschule in Stuttgart und außerdem die Alanus-Hochschule in Alfter mit dem Institut für Waldorfpädagogik, Interkulturalität und Inklusion in Mannheim so wie das Research Institute for Waldorf Education in Wilton, NH, USA.
Die Ergebnisse, die in der Pädagogischen Forschungsstelle erarbeitet werden, münden oft in Publikationen. Diese erscheinen im eigenen Verlag und können im Onlineshop oder über den Buchhandel bezogen werden. Damit soll vor allem für die Hand des Waldorflehrers preiswertes Material bereitgestellt werden.
Für kleinere Darstellungen dient als Publikationsorgan das "Journal für Waldorfpädagogik" (ehemals "Lehrerrundbrief") oder die Zeitschrift "Erziehungskunst".
Buchveröffentlichungen von allgemeinerem Interesse übergibt die Forschungsstelle dem Verlag Freies Geistesleben. So werden auch die Buchreihen in diesem Verlag, die sich direkt auf Pädagogik beziehen, im Wesentlichen von der Forschungsstelle betreut.
Die Pädagogische Forschungsstelle erhält eine Sockelfinanzierung durch den Bund der Freien Waldorfschulen. Dieser deckt die laufenden Kosten der Verwaltung und einen Teil der Projektkosten. Zusätzlich werden Mittel für Forschungsvorhaben fallweise von Stiftungen eingeworben.
Die Gründung in den 1950er-Jahren
Seit Bestehen der Waldorfschulen gibt es Lehrer:innen, die bereit und in der Lage dazu sind ihre Erfahrungen und Erkenntnisse, die sie in der Ausübung ihres Berufes machen, mit Kollegen:innen und Interessierten zu teilen. Dies geschieht nicht nur im persönlichen Gespräch oder auf Fortbildungen, sondern auch in Fachzeitschriften wie der „Erziehungskunst“ und dem „Lehrerrundbrief“ und darüber hinausgehend in Büchern. Auf diese Weise erhält das umfangreiche Werk Rudolf Steiners eine aktuelle, auf die Lebenssituation tätiger Waldorflehrer:innen zugeschnittene Ergänzung und Würdigung.
Die Herausgabe solcher Schriften – anfangs ausschließlich als Manuskriptdrucke, die nur tätigen Waldorflehrern:innen zur Verfügung standen – war von Beginn an die Aufgabe der Pädagogischen Forschungsstelle, die in enger Verknüpfung mit dem Lehrerseminar Stuttgart (heute: Freie Hochschule Stuttgart) stand. Manfred Leist berichtet darüber in seinem Buch Entwicklung einer Schulgemeinschaft: „Auf sein [Ernst Weißert] Betreiben wurde bereits 1950/51 eine „Pädagogische Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen“ als eigene Abteilung gegründet. Später konstituierte sich diese Forschungsstelle aus steuerlichen Gründen als eigene juristische Person, wenn auch in enger personeller Verbundenheit mit dem Bund der Freien Waldorfschulen. Die Aufgabe dieser Forschungsstelle war vornehmlich, Schriften bzw. Schriftenreihen herauszubringen, die vor allem eine Hilfe für den unterrichtenden Lehrer darstellen sollten. ( …) Die Aufgabe der Leitung der Forschungsstelle ist es vor allem, sich darum zu kümmern, dass zur Bearbeitung offener pädagogischer Fragen geeignete Autoren gewonnen werden.“
Die Pädagogische Forschungsstelle wird ein eingetragener Verein
Ab 1968 wurde die Pädagogische Forschungsstelle ein eigenständiger eingetragener Verein, der aber personell und ideell seine Nähe zum Bund der Freien Waldorfschulen behielt, was sich auch in der Namensgebung „Pädagogische Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen“ wiederspiegelt. Der Vorsitzende des Vereins blieb Ernst Weißert, der im Vorstand durch Dr. Helmut von Kügelgen begleitet wurde. Noch im selben Jahr wurde Prof. Dr. Walter Wolman zusätzlich in den Vorstand gewählt. Drei Jahre später (1972) kam Dr. Ernst-Michael Kranich dazu. Mit der Wahl von Wolfgang Schad wuchs der Vorstand im Jahr 1975 auf vier Personen.
Die medizinische Abteilung
An der Waldorfschule Uhlandshöhe wurde in den 1970er-Jahren der Schularzt Dr. med. Hanno Matthiolius eingestellt, durch dessen Initiative eine medizinische Abteilung der Pädagogischen Forschungsstelle geschaffen wurde. Hier wurden Untersuchungen zur Menschenkunde Rudolf Steiners angestellt und die Ergebnisse publiziert.
„Außenstelle“ in Kassel
Wolfgang Schad übernahm schließlich den Vorsitz des Vereins bis er 1992 als Professor an die Freie Universität Witten-Herdecke berufen wurde.
1978 wurde in Zusammenarbeit mit der Freien Waldorfschule Kassel eine „Außenstelle“ der Pädagogischen Forschungsstelle gegründet, die sich im Schwerpunkt naturwissenschaftlichen Fragestellungen der Chemie, Physik und Technologie widmete und im Wesentlichen von Dr. Manfred von Mackensen geleitet wurde, der nach dem Ausscheiden von Prof. Dr. Walter Wolman und Ernst Weißert 1981 in den Vorstand gewählt wurde.
Mit dem Einstieg von Dr. Manfred von Mackensen wurde die Arbeit in der Pädagogischen Forschungsstelle neu gegriffen und konkretisiert, so dass 1982 die Aufgaben des Vereins folgendermaßen formuliert werden konnten: „Die Pädagogische Forschungsstelle sei überlokal für alle in der Waldorfbewegung vorhandene Forschung, insbesondere für die Forschung an den drei Waldorflehrerseminaren. Gemeinsames Spendenaufkommen und gemeinsame Entscheidungen der Auftragsbezuschussung. Alle Schriftenreihen werden als innerhalb der Pädagogischen Forschungsstelle (Abteilung Kassel, Abteilung Mannheim etc.) herausgegeben.“
Kolloquien
Durch die Pädagogische Forschungsstelle wurde nicht nur Arbeit geleistet, die sich in Publikationen niederschlug. Seit der Gründung bis in die 80er und noch in die 90er Jahre hinein, fanden eine ganze Anzahl an Kolloquien statt, in denen über aktuelle pädagogische Themen diskutiert wurde.
Abteilung Mannheim
Die Abteilung Mannheim wurde im Zuge der Entwicklung der „Freien Hochschule für anthroposophische Pädagogik“ (heute "Akademie für Waldorfpädagogik") gegründet. Sie trat durch die Publikationen der Professoren Albert Schmelzer und Ernst Schuberth hervor.
Veröffentlichung der Schriften
Jürgen Wiegmann, der als Sekretär die Geschicke der Pädagogischen Forschungsstelle über 30 Jahre begleitete erinnert sich: „Meine Tätigkeit in der Pädagogischen Forschungsstelle begann am 1. April 1984. Leiter der Pädagogischen Forschungsstelle war damals Dr. Wolfgang Schad, dem ich arbeitsmäßig als Sekretär zugeordnet war. Wir hatten ein gemeinsames Büro in der Libanonstr. 3, wo ich auch parallel für die Verwaltung des Waldorflehrerseminars Stuttgart tätig war.
Nach der Berufung von Herrn Schad an die Universität Witten/Herdecke wurde die inhaltliche Leitung der Pädagogischen Forschungsstelle ab September 1990 durch Georg Kniebe, Lehrer an der Freien Waldorfschule Uhlandshöhe, geleistet. Er hatte sein Büro zu Hause bzw. in der Schule und kam unregelmäßig ins Büro in der Libanonstraße um die Arbeit mit mir abzusprechen oder Material vorbeizubringen.
Im Dezember 1995 übernahm ich die Betreuung der jährlichen Tagungen des Bundes der Freien Waldorfschulen (Sommertagung, Herbsttagung, Oberstufenlehrertagung, Tagung für Studierende) und bezog ein Büro in der Heidehofstraße 32 im Haus des Bundes der Freien Waldorfschulen.“
Bisher war eine Anzahl der Publikationen der Pädagogischen Forschungsstelle ausschließlich für tätige Waldorflehrer:innen vorgesehen, die sich durch eine Bescheinigung ihrer Schule ausweisen mussten. 1995 fiel die Entscheidung, die internen Publikationen nicht mehr als nur an Waldorflehrer:innen abzugebende Publikationen zu behandeln, sondern sie frei verkäuflich zu machen. Ausschlaggebend für diese Entscheidung war, dass die meisten Texte von Rudolf Steiner inzwischen von der Nachlassverwaltung in Dornach öffentlich publiziert worden waren und eine Beschränkung des bezugsberechtigten Personenkreises faktisch gegenstandslos gewesen wäre.
Nach Georg Kniebes plötzlichem Tod im April 1997 übernahm Thomas Krauch, der 1995 als Geschäftsführer der Pädagogischen Forschungsstelle berufen wurde, auch die inhaltliche Verantwortung für die Pädagogische Forschungsstelle. Bedingt durch den plötzlichen Tod des Kollegen Rainer Jubitz (1996) wurde Herrn Krauch die Geschäftsführung des Bundes der Freien Waldorfschulen übertragen und im Jahr 2000 Hansjörg Hofrichter für die Geschäftsführung und Leitung der Pädagogischen Forschungsstelle berufen.
edition waldorf
Durch die Initiative von Hansjörg Hofrichter wurde die Arbeit der Pädagogischen Forschungsstelle stärker öffentlichkeitswirksam.
- So wurden eine Zeit lang Buchpräsentationen abgehalten (2005 Hölderlin-Buch an der WS Nürtingen, 2005 Kostüme und Farben im Café Exlibris in Gerlingen, 2006 Schuchhardt-Buch Lachen und Weinen an WS Marburg, 2008 Bischoff/Deutsch ein Abenteuer im Rathaus in Gerlingen),
- die Anzahl der Projekte und Publikationen nahmen zu.
- Seit 2003 wurde ein Schriftenkatalog herausgegeben.
- Die Pädagogische Forschungsstelle präsentierte ihre Veröffentlichungen jährlich auf der Bildungsmesse „didacta“.
- Jährlich erschien ein Fortbildungsverzeichnis in Buchform
- Die Einrichtung des Internet-Bookshops www.waldorfbuch.de 2005 im Druck- und Medienzentrum Gerlingen war eine bedeutende Neuerung.
Auch an der Wahrnehmung durch die Waldorfschulbewegung wurde gearbeitet. Die Publikationen wurden nicht mehr in der schlichten Aufmachung als Manuskriptdruck herausgegeben sondern ansprechender und aufwendiger gestaltet. Die Publikationen erschienen jetzt unter dem Label „edition waldorf“ und erhielten eine ISB-Nummer. Dadurch konnten die Bücher problemlos auch über den Buchhandel bezogen werden. Einige Titel kamen auf diese Weise auch in die Bibliotheken von Universitäten (z. B. Erlangen und Gießen).
Die Homepage
Auch seit der Übernahme der Geschäftsführung durch Christian Boettger im Jahre 2008 entwickelte sich die Pädagogische Forschungsstelle bezüglich Projektanzahl und veröffentlichten Publikationen stetig weiter. Die Antragskultur und Projekt-Entscheidung durch Vorstand und Beirat der Pädagogischen Forschungsstelle wurden optimiert. Diese Homepage ist ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung der Forschungsstelle. Seit Dezember 2013 erfolgt durch SchneiderDesign ein Verkauf ausgewählter Publikationen auch über Amazon.
Graduiertenkolleg Waldorfpädagogik
Das Graduiertenkolleg Waldorfpädagogik wurde 2015 ins Leben gerufen und ist an der Alanus Hochschule angesiedelt. Es hat sich zum Ziel gesetzt, Forschungsfragen im Gebiet der Waldorfpädagogik systematisch aufzugreifen, zu verfolgen und dadurch die Waldorfpädagogik wissenschaftsbasiert in den akademischen Diskurs zu integrieren. Es soll neben dem Standort der Alanus Hochschule ein Netzwerk an Universitäten entstehen, an denen Stipendiaten:innen des Kollegs Promotionen zu waldorfpädagogischen Themengebieten durchführen können. Es bezweckt damit zugleich die akademische Wissenschafts- und Nachwuchsförderung im Bereich der Waldorfpädagogik.
Jahresberichte der Pädagogischen Forschungsstelle
Im Jahresbericht des Bundes der Freien Waldorfschulen erscheint auch ein Bericht der Pädagogischen Forschungsstelle. Diese Berichte haben wir zusammengestellt. Sie bieten einen Einblick in die Arbeit der Pädagogischen Forschungsstelle in jüngster Vergangenheit.