Zur Bezeichnung „freier Religionsunterricht“

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Oberstufe
Religion/Ethik
Autor: Kügelgen, Elisabeth von (Für das Internationale Religionslehrergremium)

Steiner richtete mit Beginn der ersten Freien Waldorfschule in Stuttgart im September 1919 den sogenannten freien Religionsunterricht für all die Schülerinnen und Schüler ein, die keinen von den Kirchen angebotenen Religionsunterricht besuchten.


Die Bezeichnung «freier christlicher Religionsunterricht» stammt nicht von Steiner. Er sprach in den Lehrerkonferenzen und seinen pädagogischen Vorträgen im In- und Ausland immer vom «freien», d. h. nicht kirchlich-konfessionell gebundenen Religionsunterricht, zu ihm gehört keine religiöse Gemeinschaft. Dieser Religionsunterricht soll, was aller Unterricht anlegt, noch «religiös vertiefen»:  «man kann durch allen anderen Unterricht ein ganzer Mensch geworden sein – etwas braucht man dann noch, […] um diesen ganzen Menschen wiederum in einer allseitigen Weise so in die Welt hineinzustellen, dass er seinem ihm eingeborenen Wesen gemäß in dieser Welt darinnen steht: die religiöse Vertiefung. […] das haben wir als eine der bedeutsamsten Aufgaben des Waldorfschul-Prinzips zu erfassen gesucht.» ( Steiner 1986: GA 307, S. 209)

1968 beschloss das Internationale Religionslehrergremium, diesen Unterricht «freien christlichen Religionsunterricht» zu nennen, da sich damals die Waldorfschulbewegung massiven Angriffen ausgesetzt sah, sie sei «unchristlich». Inzwischen ist die Situation eine völlig andere. Begriffe wie «Religion» oder «christlich» sind oft von vorneherein suspekt, der freie (christliche) Religionsunterricht droht als eine Art Konfession betrachtet zu werden. Das wäre ein großes Missverständnis. Steiners Ansatz, einen die Seelen nährenden, der Gemütsvertiefung und Pflege ethisch-sozialer Fähigkeiten dienenden Unterricht einzurichten, war und ist hoch modern, ebenso der multiperspektivische Ansatz in der Oberstufe und die Beschäftigung mit den Weltreligionen. Es geht – so Steiner – darum, alle Anlagen im Menschen auszubilden, so auch die religiösen. Das ist auf der ganzen Welt möglich. Deshalb hat sich das Internationale Religionslehrergremium  entschlossen, den ursprünglich von Steiner eingeführten Namen wieder zu verwenden.

Literatur

 

Steiner, R. (1986): Gegenwärtiges Geistesleben und Erziehung. GA 307, Dornach

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Titel Zur Bezeichnung „freier Religionsunterricht“
Autor:innen Kügelgen, Elisabeth von (Für das Internationale Religionslehrergremium)