Wissenschaftliches Erkennen beruht auf einer fragenden, prozessualen Begegnung des Betrachters mit den Phänomenen der Natur und jenen des (sinnlichkeitsfreien) Denkens. Diese scheinbare Trennung stellt sich als eine komplexe Verwobenheit von Wahrnehmung und begrifflicher Fragehaltung heraus. - Der vorliegende Band soll jeweils einen Dialog zur Mathematik und zur Physik als spezifische „Erkenntniswissenschaften“ ermöglichen.
Da in den Fachwissenschaften (zu Recht natürlich) Forschungsergebnisse im Vordergrund stehen, sind die dynamischen Elemente des Fragens und Suchens meist nicht offenkundig. Richtet sich der Blick auf diese Elemente, so zeigt sich darin eine besonders lebendige Seite der erforschten Phänomene, die den eher „formalen“ Charakter des Wissenschaftlichen erweitert und in Richtung auf vertiefte Einsichtnahme bis hin zur Erlebbarkeit ergänzt.
Dieses Buch enthält eine Sammlung von Beiträgen zu Fragen der Mathematik und Physik, die insbesondere Anregungen für den Unterricht in Waldorfschulen geben können:
Oliver Conradt: Sein, Nichts und Werden in der projektiven Geometrie – Der Begriff des Gegenraumes
Tom Geboers und Walter Hutter: Urteilsentwicklung im Unterricht als Erziehung zur Freiheit
Gregor Nickel: Widersprüche und Unendlichkeit – Beobachtungen bei Nikolaus von Kues und Georg Cantor
Thomas Görnitz: Von Goethe zur modernen Quantentheorie
Walter Hutter: Erfahrung und Verstehen – Urteilsentwicklung durch Physik
Johannes Kühl: Höfe, Regenbogen, Dämmung – Naturerscheinungen als Zugang zu Beugung, Dispersion und Streuung
Gero Leneweit: Wie verändert die Erfahrung von Urphänomenen unser Realitätserlebnis in der Sinneswelt?
Wilfried Sommer: Wie können durch phänomenologische Unterrichtsansätze Lern- und Erkenntnisbewegungen gefasst werden?