Zur Frage der Menschlichkeit in Erziehungswissenschaft und Pädagogik

Status: abgeschlossen
Startdatum: 03.11.2011
Enddatum: 05.12.2012
Projektträger: Pädagogische Forschungsstelle Stuttgart
Projektverantwortliche: Peter Loebell
Beteiligte Personen: Prof. Dr. Ernst Schuberth

Wir leben in einer Zeit, in der ein geistiger Klimawandel stattfindet. Kommende Generationen werden ihn vielleicht wie selbstverständlich zum Menschsein dazugehörig betrachten. Wir erleben aber den Übergang als Zeitzeugen und können authentisch beschreiben, was geschieht. Ein wesentlicher Faktor gesellschaftlicher Veränderungen ist der Einfluss der Computertechnik (IT) auf alle Lebensberei-che. So tiefgreifend die Veränderungen für fast alle Technologien, die Gestaltung gesellschaftlicher Abläufe und des persönlichen Lebensraumes sind – die tiefgreifendsten Veränderungen betreffen den Menschen selber. Es gehört zum Paradoxon der Globalisierung, dass im weltweiten Zusammenwachsen der Mensch den Menschen zu verlieren droht: in der Art, wie er ihm begegnet, ihn versteht, sich mit ihm verbindet oder ihn zum bloßen Objekt seiner Interessen macht. Die gesellschaftlichen Veränderungen sind letztlich nur der Ausdruck für die Änderungen des Menschen selber. Es gibt viele Momente, an denen dieser Prozess beobachtet werden kann – in der Automatisierung industrieller Produktion, im Funktionieren der Finanzmärkte, in der zunehmenden Bedeutung von Distanzkriegen, aber auch in der zunehmenden Banalisierung von Kultur. Der Kern der Veränderungen betrifft die zunehmende Herrschaft quantifizierender Denkformen in allen Bereichen menschlichen Verstehens und Handelns.

Hier ist der Fokus auf das Erziehungs- und Bildungswesen gerichtet, das eine fortgesetzte Formalisierung der Lernanforderungen, ihrer Darstellung und Kontrolle hervorgebracht hat und als eine der Folgen sich einem zunehmenden Herausbrechen junger Menschen aus den geplanten Verhaltensformen konfrontiert sieht – das auch als Protest gegen die Mechanisierung originär menschlicher Beziehungen, wie sie im Erziehungs- und Bildungswesen gelebt werden können, verstanden werden kann. Eine Gruppe von Erziehungswissenschaftlern, die sich – naturgemäß in sich verändernden Zusammensetzungen – seit 25 Jahren regelmäßig trifft, hat hier ihre Beobachtungen und Gedanken zusammengetragen, um das Bewusstsein für den Wandel zu schärfen, auf Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen und Alternativen anzuregen.

(Quelle: Einleitung des aus diesem Projekt resultierenden Buches Menschlichkeit in Pädagogik und Erziehungswissenschaft)